Als Anhänger von Borussia Dortmund im Kölner Einzugsgebiet wohnend mußte man sich von Freunden und Verwandten einiges anhören. Das übliche Frozzeln unterließ ich lieber. Das Wochenende war einfach Schei ße und die Jungs und Mädels, Omas, Opas sind zurecht sauer auf diesen Auftritt des BVB. Um Familienstreitigkeiten aus dem Weg zu gehen, kam von meiner Seite ein ehrliches, es tut mir leid für den FC. Was hatten wir gemeinsam bis zur 90. Minute hin und her gesimmst und telefoniert von Stadion zu Stadion, als die Buyern letztes Jahr in Köln nichts gerissen haben und die Dortmunder im letzten Spiel die Mainzer nicht besiegen konnten und die Meisterschaft verloren. Fast hätte der FC die Dortmunder zum Meister gemacht.
Die Düsseldorfer Verwandtschaft wird sich auch zurückhalten - da wäre fast mit den Relegationsspielen eine weitere Eskalationstufe möglich geworden. An die glaube ich nun nicht mehr und es wird auch keine Familienfeier mehr platzen und in getrennten Räumen gefeiert, weil die Düsseldorfer Verwandtschaft dem Kölner Kommunionskind ein Fortuna-Trikot schenkt.
Dortmund und Düsseldorf tauchen in der Historie beim FC häufiger auf.
Das Erste, was mir von den Omas und Opas um die Ohren schlug, "denk zurück .5:2, , " 3 Spieltage vor Saisonende gegen den BVB und der FC war Meister.
Gut, berührte mich nicht besonders. "Denk an 1978" trafs dann doch schon härter.
1978 weht beim
1. FC Köln noch ein ganz anderer Wind. Statt Abstiegs- heißt es Meisterkampf. Der FC gehört zu den besten Mannschaften Deutschlands und hat Stars wie Toni Schumacher, Heinz Flohe, Hannes Löhr und Dieter Müller in seinen Reihen. Durch einen 2:0-Sieg im Derby gegen
Fortuna Düsseldorf gewinnt der FC den DFB-Pokal.
Zwei Wochen nach dem Pokalsieg kann
Köln das Double perfekt machen. Es ist Samstag, der 29. April 1978. Köln tritt am letzten Bundesliga-Spieltag beim bereits abgestiegenen FC St. Pauli an. Die Elf von Trainer Hennes Weisweiler fährt als Tabellenführer nach Hamburg. Erzrivale Borussia Mönchengladbach steht punktgleich auf Platz zwei, hat aber ein um zehn Treffer schlechteres Torverhältnis. Am letzten Spieltag geht es für die Gladbacher gegen den BVB. Ein Sieg, egal wie hoch, würde den Kölnern reichen. Da waren sich die Experten einig. Doch sie hatten vergessen, dass der Fußball immer wieder verrückte Geschichten schreibt...
Dass besagter Samstag ein besonderer werden würde, ist schon vorher klar. Denn weder St. Pauli, noch Gladbach tragen ihr Spiel im eigenen Stadion aus. Gladbach lässt gerade seinen Bökelberg umbauen, weicht für das Entscheidungsspiel ins
Düsseldorfer Rheinstadion aus – und kann vor deutlich mehr Zuschauern spielen.
St. Pauli wechselt vom Hexenkessel Millerntor ins größere Volksparkstadion. Der Grund: FC-Manager Karl-Heinz Thielen hatte die Paulianer am Telefon weichkochen können. Von 25.000 Zuschauern kommen 15.000 aus Köln angereist. So machen die FC-Fans das Auswärts- zum Heimspiel.
Trotz des vermeintlich komfortablen Vorsprungs nimmt der FC die Aufgabe beim Absteiger ernst. Auch, weil St. Pauli sich nichts vorwerfen lassen möchte und dagegen hält. Zur Pause heißt es nach einem Treffer von Kapitän Heinz Flohe 1:0 für die Kölner. Gladbach scheint dagegen überhaupt keine Gegenwehr vom BVB zu bekommen, schon zur Halbzeit führen die Fohlen mit 6:0. Fünf der zehn Tore sind also schon aufgeholt. Über ein Radio bekommt die FC-Bank das Schlachtfest der Gladbacher mit und ist fassungslos. Gerät der Meistertitel doch noch in Gefahr?
Das Unbehagen in Köln wird immer größer. Nach 60 Minuten führt Gladbach 9:0. Da beruhigt es auch wenig, dass Yasuhiko Okudera für den FC auf 2:0 erhöht. Nur noch drei Tore Vorsprung!
Unglaublich, aber wahr: Mittlerweile bekommt die Mannschaft sogar Unterstützung von den gegnerischen Pauli-Fans. Denn auch die haben mitbekommen, dass der BVB gegen Gladbach mehr oder weniger Wettbewerbsverzerrung betreibt.Kapitän Flohe leitet mit seinem Treffer zum 3:0 die Schlussphase ein. Doch erst, als Bernd Cullmann in der 83. und erneut Okudera in der 86. Minute auf 5:0 erhöhen, steht fest: Dem FC ist die Meisterschaft nicht mehr zu nehmen. Bei Spielern, Verantwortlichen und Fans entlädt sich der Druck.
Aus Düsseldorf kommt die Meldung: Borussia Mönchengladbach hat mit einem 12:0 gegen Borussia Dortmund den höchsten Sieg der Bundesligageschichte errungen – ein Rekord, der bis heute Bestand hat.
Eine Fanfreundschaft bestand zwischen St. Pauli und Köln Jahrzehnte. Passt gerade alles zusammen, jetzt steigt Köln ab und St. Pauli auf....
An ein Wunder am 34. Spieltag mag ich nicht glauben. Den winzigen Hoffnungsschimmer möchte ich ihnen aber keinesfalls nehmen. Verschicke auch keine Beerdigungskarte des Geißbocks nach Abstiegen mehr.
Aus .24rhein.de