Zeitraffer: Zehn Jahre mit Michael Stahl im Schnelldurchlauf
Ein Befreiungsschlag und seine Folgen
Ein Tor fürs Leben. Erzielt aus 61 Metern. Ganze zehn Jahre her. Eine gefühlte Ewigkeit. Und plötzlich doch wieder omnipräsent. Ein Zeitraffer – von damals bis heute.
Prolog
26. Oktober 2010: Stadion Oberwerth. DFB-Pokal. Flutlicht. Zu Gast: Die Hertha aus Berlin. Der ungeschlagene Zweitligist aus der Hauptstadt. In der Hauptrolle: Michael Stahl. 23 Jahre jung. Letztes Jahr noch Bezirksliga. Und in drei Sekunden Torschütze aus 61 Metern.
61 Meter
Stahl zieht ab. Eiskalt. Planlos. Ziellos. Einfach weg mit der Kugel. Wird schon gut gehen.
57 Meter
Der Ball hebt ab. Hoch in Richtung Koblenzer Nachthimmel. Allein auf weiter Flur und doch nicht ungestört. Alle Blicke auf ihn: Wohin geht wohl die Reise?
54 Meter
Es knistert in der Luft. Der Ball fliegt. Und fliegt. Und keiner weiß, wohin eigentlich. Keiner? Stahl schon: „Im Flug habe ich gesehen: Okay, das könnte jetzt wirklich was geben“, wird er später oberlehrerhaft zu Protokoll geben. Und dabei verschmitzt grinsen.
52 Meter
Der Ball – noch immer in der Luft. Und der Erste hat keine Lust mehr: Hertha-Torwart Marco Sejna steht zu weit draußen. Er winkt ab, weiß: „Den erreiche ich nicht mehr.“
49 Meter
Und weiter. Immer weiter. Die Flugrichtung stimmt. Das Tor ist leer. Jetzt nur noch rechtzeitig landen, kleiner Ball!
44 Meter
Stille im Stadion Oberwerth. Der Ball tippt einmal auf. Kurz vor der Torlinie. Zu früh? Zu spät? Millimeter könnten entscheiden. Und das bei einer Flugbahn von 61 Metern. Paradox.
41 Meter
Punktgenaue Landung. Die Fans sind aus dem Häuschen, das Stadion steht Kopf. Und der Torschütze kann sein Glück nicht fassen: „Der Trainer sagt immer zu mir: Stahli, wenn du nicht weißt, wohin mit dem Ball, dann hau ihn einfach weg.“ So einfach. Und doch so sensationell.
37 Meter
Nach dem Tor ist vor dem Hype. Selbstgefertigte T-Shirts, eine 61 Meter lange Fleischwurst, Millionen Klicks bei YouTube. Und immer wieder die gleiche Frage: „Wie war das nochmal?“ Die Antwort – immer wieder die gleiche: Ein spitzbübisches Grinsen. Mitten im Rampenlicht – und doch mit beiden Füßen auf dem Boden.
32 Meter
Zu Gast bei Reinhold Beckmann. In der ARD-Sportschau. Grund: Medaille abholen. Für: Das Tor des Jahres 2010. Gefühl: Unbeschreiblich. Und weiter zum nächsten Pressetermin.
22 Meter
Zeitsprung. Der Hype hat sich gelegt. Das „Tor des Jahres“ schießen jetzt andere. Stahls Nachfolger: Raul, Zlatan Ibrahimovic, Mario Götze und Lukas Podolski. Ach! Welch klangvolle Namen! Wir kommen darauf zurück.
15 Meter
Stahl. Tore schießt er immer noch. Nicht mehr aus 61 Metern, aber: Immer noch im TuS-Trikot. Schängel durch und durch. Immer da, immer treu – Liga hin oder her. Längst ein Gesicht des Vereins. Auch außerhalb des Platzes unverzichtbar. Publikumsliebling, Kapitän, Motivator.
11 Meter
Der lange Flug ins Glück – plötzlich sorgt er wieder für Gesprächsstoff. Denn: Gesucht wird das „Tor des Jahrzehnts“. Und Stahls Kracher ist dabei. Seine Konkurrenten: Raul, Zlatan Ibrahimovic, Mario Götze und Lukas Podolski. Ach! Welch klangvolle Namen!
8 Meter
Der Trubel nimmt wieder Fahrt auf. So plötzlich und unerwartet. Von jetzt auf gleich. Wie damals vor zehn Jahren. Als ein junger Blondschopf aus 61 Metern traf. Der ist mittlerweile zweifacher Familienvater und sagt: „Man fühlt sich auf einmal wieder zurück in diese Zeit. Es ist wie ein Flashback.“
4 Meter
Auch bei den TuS-Fans werden die Erinnerungen an den Gänsehaut-Moment wieder wach. Gerrit Müller nimmt uns mit auf eine Zeitreise: „Ich weiß noch, dass es rappelvoll war und wir kaum an unseren Stammplatz in Block 1 nahe der Eckfahne kamen. Außerdem war es richtig laut. Als der Ball von Stahl in der Luft war, war es auf einmal still im ganzen Stadion. Danach habe ich meinen Freund angesehen, um zu prüfen, ob er das Gleiche gesehen hat wie ich. Danach nochmal ein kurzer Blick aufs Feld und gesehen, wie Stahli mit ausgestreckten Armen über das Feld rennt. Dann lagen wir uns in den Armen. Es war elektrisierend.“
1 Meter
Das Voting geht in die heiße Phase. Noch bis Samstag, 16. Mai (24:00 Uhr), kann abgestimmt werden (
https://www1.sportschau.de/tdm/tdj). Danach heißt es: Warten auf das Endergebnis.
Sicher ist: Ob am Ende tatsächlich „Tor des Jahrzehnts“ oder auch nicht – ein Kunstschuss für die Ewigkeit bleibt es sowieso!
Quelle:
https://tuskoblenz.de/news/8372/