Mägo, su isset (aus spiegelonline):
"Warum wir den Fußball lieben? Nicht wegen des Geldes, nicht wegen der Macht, sondern weil wir das Spiel lieben. (Joseph S. Blatter)
Die Geschichte der Fifa ist reich an Skandalen - erinnern Sie sich an einen einzigen?
Da war, um nur ein Beispiel zu nennen, diese ISL-Sache, auch bekannt als "einer der größten Bestechungsfälle der Sportgeschichte". Hochrangige Funktionäre des Fußball-Weltverbands hatten von der Sportmarketing-Agentur ISL über Jahrzehnte Schmiergelder erhalten. Der einzige Grund, warum die Geschichte 2007 überhaupt jemanden hinter dem Ofen vorlockte, war aber ihr Protagonist: Adidas-Gründersohn Horst Dassler, zu diesem Zeitpunkt bereits 20 Jahre tot.
Jetzt gibt es einen Skandal, der noch größer wirkt. Vielleicht, weil er kurz vor der Fifa-Präsidentenwahl publik wurde. Vielleicht, weil er erstmals auch den großen Vorsitzenden Sepp Blatter hinfortspülen konnte - es dann aber doch nicht tat. Am Mittwoch wurden sieben hochrangige Funktionäre verhaftet, ihnen wird Korruption vorgeworfen. Ohne nachzuschauen: Nennen Sie zwei der Verdächtigen. Okay, einen.
Wo ist der Aufschrei?
Wenn man über den vermeintlich größten Fifa-Skandal jetzt schon etwas sagen kann, dann das: Er wird schon in sehr naher Zukunft vergessen sein. Weil es immer so war, weil am Ende immer alles beim Alten blieb. Und selbst die Ohnmacht über diese Erkenntnis macht schnell einem Gefühl Platz, das man am besten mit einem Schulterzucken beschreiben kann.
Es gibt zwar in den sozialen Medien gerade einen Wettbewerb, wer die Fifa am pointiertesten vorführt. Investigative Journalisten aus England, den USA oder Deutschland geben ihr Bestes, die Genese und weitere Hintermänner des Skandals zu enthüllen. Aber gefühlt fehlt etwas: ein Protest der Menschen, die die Fußball-Weltregierung eigentlich vertreten sollte. Es fehlt ein Aufschrei der Basis, der Fans, des Fußballvolks, dessen Radikalität auch nur annähernd der Größe des Skandals entspricht. Gerade jetzt, wo selbst die Uefa ein jämmerliches Bild abgibt. Aber da ist: nichts.
Warum ist das so?
Das Desinteresse liegt darin begründet, dass wir in Bezug auf die Fifa ignorant sind, das im Lateinischen ja nicht wissen bedeutet. Wir wissen schlicht nicht, was die Fifa eigentlich tut. Die Fifa, das sind alte Männer aus der ganzen Welt, deren Namen man größtenteils nicht kennt, die sich ein paarmal im Jahr zu Kongressen treffen. Die Fifa ist ein Chiffre für Vergreisung und Geld, aber ganz sicher nicht für Offenheit. Eine Milchglasscheibe ist transparent dagegen. Was auch abschreckt: Die Männer sitzen in Kommissionskonstrukten mit Namen, die auszusprechen allein schon eine Herausforderung ist. Wer soll da durchblicken? Wer will da durchblicken?
Dem Fan geht es stattdessen um ganz profane Dinge: Er will die WM im Fernsehen gucken, er will Paninihefte, er will, dass der Fußball, den er liebt, funktioniert. Im Prinzip will er, dass alles beim Alten bleibt. Das kriegte die Fifa schon immer sehr gut hin. Das sichtbarste Indiz dafür ist Sepp Blatter, er ist seit 17 Jahren im Amt.
Auf Protest folgt Dialog
Doch es geht es uns alle etwas an, was die Fifa tut, wer etwas bei der Fifa tut und warum. Die Fifa hat schon längst den Kontakt zur Basis verloren, wenn sie ihn je hatte. Überall auf der Welt wirtschaften Funktionäre in die eigene Tasche, und sie kommen damit durch. Delegierte können Turniere in Schurkenstaaten vergeben, weil sie nur ihrem eigenen Gewissen verpflichtet sind statt der Mehrheitsmeinung derer, die sie eigentlich repräsentieren sollten. Und so ein Verband soll den Fußball lieben?
Es wird Zeit, dass der Fußballfan sich das Spiel zurückholt, das er liebt. Und er kann dafür viel mehr tun, als er glaubt. Gezeigt hat das eine Aktion in Deutschland, die noch nicht lange zurückliegt: "12:12". Im Dezember 2012 demonstrierten landesweit Fans in den Stadien gegen das neue Sicherheitskonzept der DFL - indem sie während der Spiele schwiegen. Die beeindruckende Aktion funktionierte, sie brachte einen Dialog mit der Fußballliga in Gang, das Ergebnis konnte sich sehen lassen.
Warum sollte das nicht auch in Richtung Fifa funktionieren? Es gibt Länderspiele, bei denen geschwiegen oder bei denen der Fernseher ausbleiben könnte. Das Schweigen wäre so laut, man müsste sich die Ohren zuhalten. Nationale Verbände würden ins Grübeln kommen, wenn ihre Nationalmannschaften in Sippenhaft für den Weltverband genommen werden. Es wäre so etwas wie direkte Demokratie im Fußball, das hätte es noch nie gegeben.
Der Fußball gehört den Fans. #reclaimthegame"
Zurück in die angeschlossenen Funkhäuser.