Die Nati! Das ist was, jetzt führt die ein 36 Jahre junger Trainer, der selbst als Licker nicht lange aktiv sein konnte. Also kein Vogts, kein Schön, kein Beckenbauer, kein Völler, kein Löw, kein Flick, kein Klinsmann. Einer, der aus der Jugendarbeit kommt, ein Hoffenheimer Hopp-Gewächs, dann bei RedBull, dann beim Marktführer, den Bayern, und von dort zum DFB auf den heißen Stuhl. Von Bayern kam auch Flick, der scheiterte. Auch die Ergebnisse des Nagelsmann waren bislang durchwachsen bis mies.
Jetzt hat man nach einer - für DFB-Verhältnisse - schier endlos langen Kette von Mißerfolgs-Turnieren die Heim-EM vor der Brust. Im internationalen Ranking der Natis ist man massiv abgerutscht, auf Platz 16 zwischen Senegal und Mexiko, weil man von den zurückliegenden 22 Spielen seit Beginn 2022 nur ein Drittel gewonnen hat - den Zahlen nach sind wir ein Aussenseiter im Turnier.
Nun erst greift Nagelsmann durch und holt sich die formstärksten Kicker der ersten Liga zusammen und das ein paar Wochen vor dem ersten Turnierspiel. Zum "Testen" und "Einspielen" bleiben drei, vier "Freundschaftsspiele", davon demnächst zwei gegen mögliche Turniergegner. Der Auswahl nach ist die gewohnte "Blockbildung" aus Spielern von Bayern bzw. Dortmund nicht mehr möglich, es werden sich also Jungs zusammenfinden müssen, die so bislang noch nie zusammen agiert haben. Somit liegen schon jetzt allerlei Ausreden bereit, für die mediale Begleitung, aber auch für die Spieler, die Mannschaft insgesamt und Nagelsmann - wenn es denn in die Hose gehen sollte, so wie bei den Turnieren seit dem WM-Titel von 2014.
Und die Fallhöhe für Löw und die DFB-Auswahl der Männer war schon enorm: man kam von einem WM-Titelgewinn in Brasilien, wo man die ruhmreiche Heimelf, den Rekordweltmeister, vor seinem Publikum in Rio mit einem unfassbaren 7-Tore-Kantersieg aus dem Turnier befördert hatte. Das alles ist zehn Jahre her.
Im Grunde kann es nicht funktionieren, Erfahrung und Statistiken sprechen dagegen, dass eine so kurzfristig zusammengeholte Kombo gegen eingespielte, abgezockte Gegner bestehen könnten, zumal die ohne Respekt gegen die abgestürzte DFB-Nati antreten werden. Als Ausnahme von der Regel kann man zu dem Strohhalm greifen, als die aus dem Urlaub geholten, für das EM-Turnier an Stelle von "Jugoslawien" (?) nachnominierten Dänen es im Sommer 1992 fertig brachten, den amtierenden Weltmeister DFB im Finale zu besiegen.