Für den, den es interessiert. Ein schöner Text (hatte beim FC Köln darauf reflektiert):
"Die Eimsbütteler Tage
Walter Jens über die große Zeit der Stars von nebenan
Von Walter Jens
Als ich zur Schule ging, war alles ganz einfach: Das Identifikationsobjekt hieß TV Eimsbüttel; die Heroen, zu denen ich aufsah, waren Gemüsehändler (Nationalspieler Hans Rohde, ein- und ausgehend im elterlichen Geschäft), Eisverkäufer (Herbert Panse, Nationalspieler auch er, beim Füllen der Tüten: "Sonntag geht der HSV baden"), Lehrer (wie Otto Lüdeke, der die Ehre hatte, in einer sogenannten Akademiker-Mannschaft spielen zu dürfen - einmal sogar gegen den eigenen Verein. "Das ist doch Otto," sagte Schindowski zu Kleikamp, als der, irritiert durch den fremden Dreß, seinen Freund und Nebenspieler in die Zange nahm), Angestellte (Rohwedder, ebenso schußgewaltig wie launisch, mit der Aktentasche unter dem Arm), Maurer und Dreher.
Die meisten waren Eimsbütteler Kinder; man kannte sie aus der Jugendmannschaft, hatte ihnen zugeschaut, Sonntagmorgen in der Hoheluftchaussee oder auf einem Grandplatz, mal Martinistraße, mal Weidenallee; ein Vereinswechsel war selten; wenn Derle Ahlers aus Harburg oder Erni Timm (der Eisenharte, früher bei Union) aus Altona kamen, waren das nur die Ausnahmen, die die Regel bestätigten.
Wir schauten beim Training zu, fuhren mit der Mannschaft bis nach Wilhelmsburg: Ereignisse wie der legendäre 3:2-Erfolg über Schalke, errungen im Volksparkstadion, blieben Gesprächsstoff über Jahre hinweg: Es stand schon 2:0 für Schalke, dann schoß Rohwedder zwei Tore, eins aus vollem Lauf und eins bei einem Strafstoß (Lüdeke hatte sich in die feindliche Mauer gedrängt), Panse, ein Müller ohne Geld, war wie immer zur Stelle, als ein Schalker - ich glaube: Nattkämper - nicht konsequent genug deckte. Die Stars, mit einem Satz, waren Menschen, die man in der Straßenbahn ansprechen konnte; die Fünferreihe des Sturms bestand aus Eimsbütteler Werktätigen (Anrainer dazu gerechnet): Derle Ahlers, Otto Rohwedder, Herbert Panse, Kalli Mohr und Hanno Maack ... Wenn ich den letzten Goethe-Vers vergessen habe, werde ich den Eimsbütteler Sturm noch aufzählen können."